04.02
2022

Der digitale Therapeut als Türöffner

Foto: Dr. Monika Stuhlinger und Dr. Gustav Wirtz bei der Präsentation vor ihren PCs

Dr. Monika Stuhlinger und Dr. Gustav Wirtz (v.l.) diskutierten online mit Expert:innen neue Wege der medizinischen und beruflichen Rehabilitation. Foto: Nils Fabisch, SRH.

Psychische Erkrankungen haben in der Pandemie zugenommen. Wie digitale Angebote, berufliche Bildung und umfassende Unterstützung in der Krise helfen können, diskutierten Expert:innen online beim 2. Baden-Württembergischen RehaForum.

Die Corona Pandemie hat das Leben stark verändert. Gerade Kinder und Jugendliche erkranken seit Beginn der Pandemie häufiger an Depressionen, zeigen Reports der Krankenkassen. Hinzu kommen für Erwachsene die mentalen Auswirkungen von Digitalisierung und Arbeitsverdichtung. Nach einer psychischen Krise benötigen Betroffene oft professionelle Unterstützung, um in Beruf und Alltag wieder Fuß zu fassen.

Wie dies auch in der Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen gelingen kann, diskutierten Expert:innen auf dem 2. Baden-Württembergischen RehaForum vom 27. bis 28. Januar 2022. Eingeladen hatten die Bundes- und Landesarbeitsgemeinschaft der Rehaeinrichtungen für psychisch Kranke (RPK) sowie die SRH RPK in Karlsbad-Langensteinbach. Die Auswirkungen der Pandemie waren auch im Forum sichtbar: Referent:innen und Teilnehmende saßen am Bildschirm statt im Tagungsraum.

„Die Einrichtungen haben in den letzten zwei Jahren gezeigt, dass sie Teilnehmende auch unter derart schwierigen Bedingungen flexibel betreuen und ihre Maßnahmen anpassen können“, eröffnete Thomas Windolf, Geschäftsführer der RPK Karlsbad die Tagung. So ergänzen immer mehr digitale Angebote die Therapie.

„Online-Übungen, Gespräche über Video oder Gruppenchats zum gemeinsamen Austausch sorgen für eine flexible Betreuung von zu Hause aus. Während des Lockdowns wurde diese Unterstützung enorm ausgeweitet und die Betroffenen haben sie gut angenommen“, berichtete Dr. Gustav Wirtz, ärztlicher Leiter der RPK Karlsbad. Online-Angebote könnten außerdem die Wartezeit bis zum Beginn der Reha-Maßnahme überbrücken und so die Betroffenen schneller gesundheitlich auffangen. „Deshalb sind so genannte E-Health-Lösungen nicht nur ein Produkt der Pandemie.“

Doch trotz digitaler Mittel gibt es Barrieren wie fehlendes Wissen, wodurch die entscheidende Hilfe nicht immer ankommt. Lösungen dafür diskutierten die Expert:innen in Vorträgen und Workshops. Im Zentrum stand der grenzübergreifende Austausch mit Kolleg:innen aus Frankreich.

„Mobile Teams, die die Unterstützung zu den Leuten bringen, sind gerade in der Pandemie wichtig geworden“, erläuterte Prof. Dr. Nicolas Franck vom Pôle Centre rive gauche in Lyon. „Ein weiterer Weg ist, dass Betroffene andere Betroffene beraten. Wir konnten zeigen: Durch so genannte Peers und Genesungshelfer müssen weniger Menschen stationär in die Klinik aufgenommen werden.“ Ebenso wichtig sei Aufklärung zur Früherkennung. Viele Strukturen würden dazu in Frankreich erst aufgebaut.

Doch auch in Deutschland ist manches noch kein Selbstläufer, etwa der Weg von der Rehabilitation für psychisch kranke Menschen zum Einstieg in den Beruf: „In Schulen oder in der Ausbildung gibt es nur wenig Erfahrung mit psychischen Erkrankungen. Die Folge sind viele abgebrochene Bildungskarrieren nach einer Reha. Deshalb müssen wir mit den Trägern Wege schaffen, Bildungsziele in die Maßnahmen zu integrieren“, appellierte Dr. Monika Stuhlinger, leitende Ärztin am Rehazentrum grund.stein RPK in Tübingen. Eine Möglichkeit wäre, schon in der RPK auf Bildungsabschlüsse hinzuarbeiten und gezielt die Belastbarkeit für Schule und Hochschule zu trainieren. Die Teilnehmenden diskutierten Schritte, wie dies gelingen könnte.

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