06.10
2022

Grenzübergreifende Unterstützung bei psychischen Erkrankungen

Foto: Zwei Frauen in der RPK Karlsbad im Gespräch (Symbolbild)

Symbolbild: In der RPK Karlsbad entwickeln deutsche und französische Teilnehmende neue Perspektiven nach einer psychischen Erkrankung. Dies geschieht in unterschiedlichen Erprobungen, Assessments sowie in Einzelgesprächen.

Zum Welttag der seelischen Gesundheit (10.10.): Um psychisch erkrankte Menschen erfolgreich beim Berufseinstieg zu unterstützen, ist viel Know-how gefragt. Die Rehabilitationseinrichtung für psychisch Kranke in Karlsbad kooperiert dazu mit medizinischen und beruflichen Einrichtungen in Frankreich. Jetzt hat die erste Teilnehmerin das Programm erfolgreich durchlaufen.

Valérie M. blickt stolz auf die zurückliegenden 12 Monate. Nach einem abgebrochenen Master-Studium in Strasbourg und einer psychischen Erkrankung hat sie trotzdem den Weg zurück geschafft. Jetzt beginnt sie in Lothringen ein Duales Studium in der Holztechnik.

Deutsche Reha-Einrichtungen vernetzen sich mit französischen Kliniken

Psychische Erkrankungen nehmen in ganz Europa zu. Allerdings gibt es viele unterschiedliche Ansätze, Menschen beim Weg aus der Krise zu unterstützen. Eine grenzübergreifende Zusammenarbeit will deshalb deutsche Rehabilitationseinrichtungen mit französischen Fachkliniken enger vernetzen. So sollen Menschen beider Länder vom gemeinsamen Know-how profitieren. Unterschiedliche Sozialsysteme machen dies aber nicht einfach.

Den Beweis, dass dies trotzdem funktionieren kann, liefert nun Valérie M. Sie ist die erste deutsch-französische Teilnehmerin, die die Kooperation der SRH Rehabilitationseinrichtung für psychisch Kranke (RPK) Karlsbad mit der Universitätsklinik Strasbourg erfolgreich durchlaufen hat. Durch ihren Psychiater, Professor Fabrice Berna, Leiter der Psychiatrie Abteilung I und des Expert Zentrum für Schizophrenie der Universitätsklinik Strasbourg, wurde sie auf das deutsch-französische Angebot aufmerksam. „Bei Frau M. hatte ich das Gefühl, dass dies genau das Richtige für sie sein könnte. Sie spricht beide Sprachen und ich wusste, dass sie bei den deutschen Kollegen mit ihrem Lebenslauf in sehr guten und professionellen Händen ist“, so Prof. Berna.

Deutsche und französische Experten arbeiten gemeinsam an neuer Perspektive

Die junge Frau absolvierte zuerst eine so genannte Assessmentphase in der RPK Karlsbad und lebte im RPK-Wohnheim. Gemeinsam mit ihr arbeiteten deutsche und französische Fachleute an einer passenden beruflichen Perspektive. „Das war eine sehr interessante Zeit für mich. Ich habe sehr viel über mich selbst gelernt“, erinnert sich die Französin. Betreut wurde sie auf deutscher Seite von Dr. Gustav Wirtz, leitender Arzt der RPK. „Das ist bemerkenswert, sie hatte den Mut aus Frankreich wegzugehen und sich hier bei uns auf etwas komplett Neues einzulassen. Sie hat bei uns eine sehr gute Entwicklung durchgemacht.“

Auf das Assessment in Karlsbad folgten noch weitere Arbeitserprobungen im IT-Bereich und im technischen Produktdesign bei der SRH fit for work berufliche Bildung in Offenburg. In Karlsbad wurden die Therapien in Abstimmung mit den Partnereinrichtungen fortgeführt und an die therapeutischen, sozialen und beruflichen Ziele kontinuierlich angepasst.  „Das ist der Vorteil an unserer Kooperation: Wir können individuell entscheiden, wo der Teilnehmende besser aufgehoben ist. In Offenburg überwiegen die beruflichen Schwerpunkte, in Karlsbad liegt der Fokus auf der Therapie“, verdeutlicht RPK-Projektmitarbeiter Nicolas Lapchine.

So merkte Frau M., dass ihre Stärken weiterhin in der Arbeit mit Holz liegen. Nach einem erfolgreichen Praktikum bei einem Schreinerbetrieb in Deutschland, einer Erprobung in der Arbeits- und Berufstherapie Holz in Karlsbad sowie dem koordinierten bilingualen Coaching der SRH RPK Karlsbad, SRH fit for work in Offenburg und Route Nouvelle d’Alsace in Strasbourg stand die neue berufliche Ausrichtung in der Holztechnik fest. In der Abschlussphase der Rehabilitation knüpfte sie Kontakt zu einem Holzbetrieb in Frankreich. Dort kann sie jetzt mit einem Dualen Studium Holztechnik neu starten. „Durch die Unterstützung der RPK habe ich mir Stein für Stein etwas aufgebaut. Ich bin noch nicht am Ziel, aber ich bin froh, dass es immer weiter geht“, erzählt die Französin.

„Meine Erwartung war, dass die RPK in Deutschland Frau M. eine wichtige Unterstützung liefert, sie ihren Weg dann aber noch in Frankreich weitergehen muss. Jetzt kommt sie mit viel mehr zurück, nämlich mit einer ganz konkreten Perspektive. Eine tolle Entwicklung in dieser grenzüberschreitenden Kooperation“, so Prof. Berna. Bereits jetzt arbeiten weitere Teilnehmende aus Frankreich an ihrer Rückkehr in Alltag und Beruf.

Um Betroffene regelmäßig zu unterstützen, sind allerdings noch einige Hürden zwischen den deutschen und französischen Behörden und Kostenträgern zu nehmen, weiß RPK- Projektmitarbeiter Nicolas Lapchine. „Die Systeme funktionieren auf beiden Seiten des Rheins nicht immer gleich. Wir haben einiges an Arbeit investiert, damit wir uns gegenseitig verstehen. Jetzt sind wir an einem sehr guten Punkt, an dem beide Seiten voneinander profitieren.“

Um den eingeschlagenen Weg zu festigen, möchte die RPK Karlsbad zusammen mit zwei weiteren RPK-Einrichtungen (Rehazentrum Christiani, Therapeutikum Heilbronn), drei Krankenhäusern (CH d'Erstein, Hôpitaux Universitaires de Strasbourg, L'EPSAN) sowie dem Verein Route Nouvelle d'Alsace und der SRH fit for work ein europäisches „Interreg“-Projekt auf den Weg bringen.

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